Was ist ein Industriefachwirt?
Industriefachwirte arbeiten in Schlüsselbranchen der deutschen Wirtschaft und sind das Bindeglied zwischen Unternehmensführung und Produktion. Sie übernehmen vielschichtige Aufgaben, haben Mitarbeiterverantwortung und werden dafür mit besten Berufsaussichten und gutem Gehalt belohnt.
Anbieter des Industriefachwirts
Bei folgenden Instituten können Sie eine Weiterbildung zum Industriefachwirt absolvieren.
Branchen und Arbeitsorte
Die Einsatzmöglichkeiten für Industriefachwirte sind vielfältig. Betriebswirtschaftliches Wissen ist in jedem Wirtschaftsunternehmen unentbehrlich. Gleichzeitig kennen sie als Praktiker die besonderen Abläufe und Mechanismen in Industriebetrieben. Ein Profil, das quer durch die Branchen gebraucht wird.
2 Millionen Fachkräfte werden bis 2020 in Deutschland aufgrund der demografischen Entwicklung fehlen, rechnet die Unternehmensberatung McKinsey in einer 2011 veröffentlichten Studie vor. Mit Folgen für die Wirtschaft:
Industriefachwirte werden in diesen Wirtschaftszweigen gebraucht:
- Automobilindustrie
- Fahrzeughersteller und Zulieferer
- Nahrungsmittelindustrie
- Rohstoffgewinnung und -aufbereitung
- Rohstoff verarbeitende Industrie
- Chemieindustrie
- Pharmabranche
- Kunststoffherstellung und -verarbeitung
- Metallindustrie
- Maschinenbau
- Feinmechanik
- Optische Industrie
- Elektroindustrie
- Holzindustrie
- Holzverarbeitung
- Möbelbau
- Papierindustrie
- Papiererzeugung
- Druck
- Textilindustrie
- Herstellung von Bekleidung, Wohntextilien
- Ver- und Entsorgung
- Energieversorgungsunternehmen
- Abfallwirtschaftsbetriebe
Die Arbeitsorte von Industriefachwirten hängen von ihrem konkreten Einsatzbereich ab. Sind sie zum Beispiel in der Verwaltung eines Industriebetriebes tätig, wird sich ihr Berufsalltag vorwiegend in Büroräumen abspielen. Andere Industriefachwirte wiederum überwachen Produktionsabläufe oder sind für die Lagerwirtschaft zuständig und halten sich deshalb auch in Produktions- und Lagerhallen auf.
Ähnlich verhält es sich mit den Arbeitszeiten. Neben der Betriebsgröße kommt es sehr darauf an, in welchem Unternehmen der Industriefachwirt beschäftigt ist. Steuert er beispielsweise die Produktion bei einem Fahrzeughersteller, wird sich auch sein Arbeitsalltag an den Produktionszeiten orientieren.
Hinzu kommen Auftragslage und andere Faktoren, die zeitweise für ein höheres Arbeitsaufkommen sorgen, dann aber auch wieder Freiräume eröffnen. Auch in saisonabhängigen Branchen gibt es Stoßzeiten und Phasen mit relativ geringem Arbeitspensum.
So können Industriefachwirte generell mit flexiblen Arbeitszeiten und einem abwechslungsreichen Berufsalltag rechnen.
Aufgaben und Tätigkeiten
Entscheidend für das Berufsbild des Industriefachwirts ist sein praktisches, branchenspezifisches Wissen, das er durch übergreifendes, betriebswirtschaftliches Know-how erweitert hat. So ist er in der Lage, an verschiedenen Stellen im Industriebetrieb entscheidende Aufgaben zu übernehmen und Mitarbeiter anzuleiten.
Fachwirte arbeiten vorwiegend im mittleren Management und nehmen dabei eine wichtige Schlüsselposition ein. Sie sorgen dafür, dass die Vorgaben der Unternehmensführung seitens der Produktion optimal umgesetzt werden.
Hier die Aufgaben und Tätigkeiten des Industriefachwirts:
- Warenwirtschaft
- Einkauf: Ermittlung von Materialbedarf, Budgetplanung, Angebotsvergleich
- Lagerung: Kontrolle, Planung der Lagerkapazitäten
- Produktion: Planung, Steuerung und Überwachung der Produktionsprozesse
- Fertigungsschritte optimieren
- Maschineneinsatz und Produktionszeiten planen
- Personalwirtschaft
- Personalbedarf und -einsatz planen
- Weiterbildung der Mitarbeiter organisieren
- Vertrieb
- Marketing- und Werbemaßnahmen planen
- Verkaufsverhandlungen führen
- Finanz- und Geschäftsbuchhaltung
- Kostenrechnung
- Controlling
Anerkennung und Ansehen
Der Fachwirt ist Praktiker und Generalist zugleich und wird gerade deshalb bei Personalern geschätzt. Auch seine Führungsqualitäten verschaffen ihm Ansehen. Industriefachwirte gelten als berufserfahrene Branchenspezialisten, die mit vertieften betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Kenntnissen punkten können.
So ist es insbesondere der Praxisbezug, der dieser berufsbegleitenden Aufstiegsfortbildung gegenüber einem akademischen Abschluss mitunter sogar einen Vorteil verschafft. Rainer Brötz vom Bundesinstitut für Berufsbildung (Bibb) meint:
Aufgrund seiner bundeseinheitlichen Anforderungen genießt der Industriefachwirt hierzulande ein hohes Ansehen. Um den deutschen Abschluss auch international verständlich zu machen, behelfen sich die Industrie- und Handelskammern inzwischen mit der Bezeichnung "Bachelor (CCI)". Letzteres steht für "Chamber of Commerce and Industry", also der englischen Bezeichnung für IHK.
Bei dieser Übersetzung ist der Bachelor nicht gleichzusetzen mit dem akademischen Bachelor. Der Bachelor und der Fachwirt Abschluss sind zwar im europäischen Qualifikationsrahmen DQR/EQR gleichwertig und dem Niveau 6 zugeordnet, die fachlichen Spezialisierungen und Akzentsetzungen sind jedoch unterschiedlich. Die beiden Abschlüsse sind also nicht miteinander austauschbar und nicht gleichartig.
Berufsaussichten, Perspektiven und Aufstiegsmöglichkeiten
Mit steigendem Kosten-, Konkurrenz- und Effizienzdruck geht in den meisten Industriebetrieben auch eine Rationalisierung der Produktionsabläufe einher. Während einerseits vor allem einfache Arbeitskräfte eingespart werden, wächst gleichzeitig der Bedarf an hoch qualifiziertem Personal. Dieses muss in der Lage sein, die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge zu erfassen, die wachsenden Anforderungen im Betrieb umzusetzen und Führungsverantwortung zu übernehmen.
So wird gerade auch in der mittleren Führungsebene qualifiziertes Personal gebraucht. Eine Chance für Industriefachwirte, vor allem in mittelständischen Unternehmen. Denn während große DAX-Konzerne meist auf einen Hochschulabschluss Wert legen, sind insbesondere kleinere und mittlere Industriebetriebe für Nicht-Akademiker ein Erfolg versprechendes Wirkungsfeld.
Karin Gnass hat den Industriefachwirt erfolgreich absolviert und ist mittlerweile Assistentin des Vorsitzenden der Geschäftsleitung bei Wepa Papierfabrik P. Krengel. Sie sagt:
Die Basis für den nächsten Schritt in der Karriere – auch nach dem Fachwirt-Abschluss gibt es noch viele Möglichkeiten, sich fortzubilden und seinen beruflichen Aufstieg voranzutreiben. Eine Variante ist der Geprüfte Betriebswirt, ein noch höherwertiger IHK-Abschluss, für den der Fachwirt eine anerkannte Zulassungsvoraussetzung darstellt.
Eine weitere Möglichkeit ist es, sich mithilfe vertiefender Seminare oder Lehrgänge auf einen Tätigkeitsbereich zu spezialisieren. Ob Marketing, Mitarbeiterführung oder Material- und Warenwirtschaft – für fast jedes Interessengebiet gibt es hier eine passende Spezialisierung:
- Material- und Warenwirtschaft
- Controlling
- Projektmanagement
- Führungsstile und -techniken in der Mitarbeiterführung
- Lagerwirtschaft, Lagerlogistik, Versand
- Vertrieb, Verkauf
- Werbung, Verkaufsförderung
Auch ein anschließendes wirtschaftswissenschaftliches Studium kommt für den Industriefachwirt in Betracht. Je nach Hochschule ist dies mit einem Fachwirt-Abschluss auch ohne Abitur möglich. Gleichzeitig kann sich der Fachwirt-Abschluss auf das Studium verkürzend auswirken. So steigt ein Fachwirt bei einem berufsbegleitendem Studiengang Business Administration (B.A.) direkt ins fünfte Semester ein und reduziert damit die Studiendauer von regulär 8 auf nur noch 4 Semester. (Quelle: IHK Nürnberg)
Diese Studiengänge kommen für Industriefachwirte infrage:
- Betriebswirtschaftslehre
- International Industry and Trade Management
- International Business Communication
- Mittelstandsmanagement
Informationen zu möglichen Fortbildungen für den Industriefachwirt bietet zum Beispiel die Weiterbildungsdatenbank der IHK WIS (wis.ihk.de), zu diversen Studiengängen der deutsche Bildungsserver (bildungsserver.de).
Ebenfalls eine denkbare Option: der Schritt in die Selbstständigkeit, zum Beispiel als Unternehmensberater. So kann der Industriefachwirt mittelständische Industriebetriebe beraten, je nach seiner Spezialisierung beispielsweise im Bereich Unternehmensführung, Marketing, Controlling oder Personalmanagement. Ob Firmen der Metall-, Elektro- oder Nahrungsmittelindustrie – wer als Auftraggeber infrage kommt, hängt nicht zuletzt von der spezifischen Branchenerfahrung des Industriefachwirts ab.